leipzigart  KUNSTJOURNAL


 

EIN SEEMANNSGRAB, HANS ALBERS UND DIE TRINKBECHER VON GODZILLA

"Maritime Ereignisse" - Objekte und Installationen in der Freiluftgalerie Stötteritz

Auf einem unansehnlichen Tisch befinden sich geschlossene Fischbüchsen, verrottete Blumen in häßlicher Vase, ein Spielzeugkompaß und eine alberne Zierkerze mit der Form eines Schiffs. Doch handelt es sich dabei nicht um die Schmuddelreste einer seemännischen Feier. Harald Bauer hat diese Installation zusammengebaut, mit "Käptn's Dinner" betitelt und auf die Wiese der Freiluftgalerie Stötteritz gestellt.
Neben dieser Sitzecke, an der man sich nur mit keimabweisender Arbeitskleidung niederlassen sollte, werden noch andere Arbeiten verschiedener Künstler zum Thema "Maritime Ereignisse" angeboten.
Da gibt es "Käptn's Ausguck" mit Badewanne, Fahne und Strickleiter oder einen Gedenkstein für Hans Albers den Tai Nuh für die Ausstellung beisteuert. Nelson, der britische Meeresrecke gegen Napoleon wird ebenso gewürdigt wie das muschelngefüllte Malta (Die blaue Grotte). Zwischen den Bäumen in der luftigen Galerie scheint manchmal ein feuchtes "La Paloma" oder das tranige "Ein Schiff wird kommen" als kabarettistische Gesangsnummern zu erklingen. Etwas Ringelnatz und Südsee, etwas Störtebeker und vor allem die Ironisierung von ozeanischer Romantik und Seeräuberidyll. Manches ist nicht unoriginell, einige Werke führen zu Gähn-Attacken.
Man schlängelt sich mitunter wie durch eine Gemischtwarenhandlung, die ohne denkwürdige Erlebnisse bald wieder verlassen wird. Da hilft auch nicht der Rückgriff von Tobias Rost auf die griechische Mythologie ("Die Argonauten oder das Orakel von Stötteritz"). Die Ausstellung erscheint dann wie ein Nummernprogamm, dessen Ablauf sich auf eine manierierte Langeweile reduziert. Auch Jörg Ernerts "Wassewiege" mit monumentalen Flüssigkeitsbehältern, als Trinkbecher Godzillas bestens geeignet, wirkt etwas dürftig, beliebig zusammengestellt und scheinbar versehentlich liegengelassen.
Huniats "Fisch-Zeit" und Schmitts "Seemannsgrab" können für die Arbeiten stehen, deren Qualität beachtlich ist.
Leider vermißt man bei der Ausstellung, die sich maritimen, also meeresorientierten Ansprüchen stellt, den wichtigsten und unverzichtbaren Stoff: Wasser. Kein perlendes, sprudelndes oder reißendes Wasser, weder Wellengeräusche noch sonniges Funkeln in der Regentonne geben dieser Übersicht das nasse Fundament. Nur eine herbstliche Wolkenentladung könnte diesen Mangel beheben.

Jürgen Henne

Freiluftgalerie Stötteritz, Holzhäuser Str. 73, bis 30. Oktober täglich 10-18 Uhr geöffnet

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