leipzigart  KUNSTJOURNAL



Alter Bilbao-Mond oder die Frage, wie "normal" eine Familie sein muß

Elisa Giesecke besuchte Jorge Goldenbergs Monolog für eine Schauspielerin "Beim Aufräumen" im Leipziger "theater fact".



Mabel (Ute Hiersemann), Gastgeberin des Abends, lädt uns ein in ihre Wohnung. Es ist noch etwas unordentlich, denn die letzte Familienfeier liegt nicht lange zurück. Ein paar übriggebliebene Kekse werden ans Publikum verteilt, während Mabels wortkarger Sohn schon mal zu Saugen beginnt um kurz darauf zu verschwinden. Während sie aufräumt, berichtet uns Mabel von ihrer Familie, indem sie gekonnt in jede einzelne Figur hineinschlüpft und deren Eigenheiten darstellt.
Zum einen ist da Mabels depressiver Mann, dessen Stimme ab und an aus dem Off ertönt und der scheinbar nichts anderes kann, als deprimiert zu sein. Zum anderen ist da der Schwager, der sich durch seine rassistischen Parolen und sein machohaftes Auftreten bei den restlichen Familienmitgliedern nicht gerade beliebt macht.
Die Frauen wirken da schon sympathischer. Zum Beispiel die Großmutter, die vom Bilbao-Mond singend ihr Gebiß im Wein spült und es aus dem Fenster wirft, wenn ihr etwas nicht schmeckt oder die Schwester, die sich, wie sie sagt, über nichts Gedanken macht und so am besten fährt. Die Tante, der völlige Gegenpol zur meditativ-tranquillisierten Schwester, amüsiert durch ihre lehrerhafte Disziplin, indem sie in militärisch-zackiger Weise jedes Wort mit einer passenden Geste unterlegt.
Die Geschichten, die sich um die Figuren ranken, bleiben unerzählt, was bleibt, sind unterschiedlichste Charaktere, die ihr Leben zu meistern versuchen, ein jeder auf seine Weise.
Das Bühnenbild überzeugt dagegen eher nicht; die blauen Möbel, sowie der schräg geschnittene (ebenfalls in blau gehaltene) Türrahmen wirken etwas deplaziert und so gar nicht im Einklang mit der Inszenierung.
Nichtsdestotrotz gelingt es Ute Hiersemann unter der Regie von Peter Priegann in (fast) allen neun Rollen zu überzeugen und dem Publikum einen kurzweiligen und bisweilen zum Nachdenken anregenden Abend zu bereiten.

Weitere Vorstellungen am Freitag, den 11.06. und Samstag, den 12.06.2004


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