leipzigart  KUNSTJOURNAL



16. Internationales Festival für Figuren-, Objekt- und Anderes Theater - globus'07

Fünfter sein

"Kittefix kittet fix", meint Paula und klebt in ihrer Puppenwerkstatt einen Teddy wieder zusammen. Die Kinder im Publikum zählen bis zehn und schon ist der kleine Patient wieder gesund.

Dabei hat sich Paula selbst verletzt, als sie sich beim Reparieren einer Puppe einen Hammer gegen die Nase geschlagen hat. Verlegen steht sie nun da, in Latzhose und Pudelmütze. Auf ihrer Nase leuchtet ein Pflaster. "Nein" ruft das Publikum, wenn sich Paula das Pflaster abreißen will, denn das soll 55 Minuten auf ihrer Nase beleiben. 55 Minuten sind ganz schön lang und so erzählt und spielt sie, was sie im Wartzimmer des Doktors alles erlebt hat.



Vier Patienten rutschen schon ungeduldig auf ihren Stühlen hin und her, als sie selbst das Wartezimmer betritt. Die erste Patientin ist eine Spielzeugente, die eines ihrer Räder verloren hat, weil sie über die sieben Weltmeere nach Honolulu geschwommen ist. Neben ihr sitzt ein Pinguin, dem ein Arm fehlt, weil er seiner Frau beim Eierlegen geholfen hat. Der dritte Patient ist ein dicker Frosch, dem seine Königskrone abhanden gekommen ist. Dann gibt es noch einen Bären, der beim Honigmopsen von einer Biene ins Auge gestochen wurde. Auf den letzten Stuhl setzt Paula eine Pinoccio-Puppe, weil sie selbst zu groß für einen Puppenstuhl ist, und weil Pinoccio auch eine Verletzung an der Nase hat. Doch, da es ihr peinlich ist zu erzählen, dass sie sich selbst mit dem Hammer geschlagen hat, flunkert sie wie ein Hund ihr die Nase abgebissen hat.

Einer nach dem anderen muss nun zum Doktor. "Tür auf, einer raus, einer rein, nächster sein." Aber aus dem Behandlungszimmer dringen unheimliche Geräusche von Bohrmaschinen und Sägen. Um sich die Angst und die Langeweile zu vertreiben, singen die kleinen Patienten Lieder und erzählen sich von ihren Unfällen. Umsonst zittern sie, denn jeder verlässt gesund das Zimmer des Doktors.



Paula schlüpft in alle Rollen, spielt so auch den Hund der ihr die Nase abfrießt und den alten Doktor der mit Kittefix alle Wunden heilt. Eigentlich könnten die Puppen Spielzeug aus einem Kinderzimmer sein, die die Puppenspielerin Christine Kampwirth zum Leben erweckt. Ihre Figuren haben alle einen ganz eigenwilligen Charakter und es ist für Groß und Klein vergnüglich ihnen beim Warten zuzusehen. Immer wieder wird auch das Publikum einbezogen. Dabei hat die Regisseurin Melanie Sowa das Stück aber keineswegs zum Mitmachtheater überstrapaziert. Wenn sich Paula unsicher ist, fragt sie nur hin und wieder in den Raum, ob das richtig ist, was sie gerade tut. Besonders reizend sind die kleinen Sprachspiele, die wie ein Abzählreim funktionieren. "Eins, zwei, drei, vier, fünfter sein." Damit ist die Sprache ist sehr einfach gehalten und auch für die Allerkleinsten zu verstehen. Nach nur 55 Minuten klingelt Paulas Nasenwecker, sie kann endlich ihr Pflaster abziehen und sie springt vergnügt von der Bühne. Dabei hätten sich alle gewünscht, dass sie noch mehr Spielzeug repariert und wunderbare Geschichten erzählt. Im Gedächtnis bleibt der Klang der Sprache, wie die Melodie eines zauberhaften Liedes. "Fünfter sein."  

Sarah Trilsch, 29.10.2007


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