leipzigart  KUNSTJOURNAL



16. Internationales Festival für Figuren-, Objekt- und Anderes Theater - globus'07

Romeo und Julia. Liebe und Tod in der Küche

Schüchterne Blicke tauschen Romeo und Julia im Gurkenglas aus, während die Köchinnen mit dem Kochlöffel kräftig im Glas rühren. Eigentlich sollten die beiden Küchenwunder ein appetitliches Büffet zubereiten. Aber stattdessen spielen sie Shakespeares Drama von Romeo und Julia mit Gemüse, Schinken, Keksen oder Messern. Im Kochbuch finden sie keine Rezepte, sondern die tragische Geschichte der Liebenden. Kapitelweise fassen die Köchinnen das Geschehen für die Zuschauer zusammen und spielen anschließend die Szenen mit dem Essen nach.

So wird gezeigt, wie sich Romeo und Julia bei Sonne, Mond und Sternen ewige Liebe schwören. Aber auch der Streit zwischen den Montagues und den Capulets, der Kampf zwischen Tybalt und Romeo und die bevorstehende Hochzeit von Julia und Paris ist zu sehen. Schließlich fällt Julia mit dem Gift des Paters in einen tiefen Schlummer, der Romeo aus Verzweiflung in den Selbstmord treibt und auch Julia sterben lässt.



Mit Gemüse gespielt, verliert die Geschichte keineswegs an Wirkung. Romeo tritt als scharfe Peperoni auf, wird aber vor dem Traualtar zum Salzstreuer, der um die Hand eines Pfefferstreuers anhält. In der Hochzeitsnacht tanzen zwei Eier als Liebespaar in der Luft zart umeinander, bis sie sich verschämt voreinander entblößen und die Eierschalen abpellen. Doch bevor sie sich im Liebesakt vereinen können, mahnt die Lerche zum Aufbruch.

Immer wieder mischen sich die beiden Köchinnen kommentierend in das Spiel ein. Wenn es etwa zum Kampf zwischen Tybalt und Romeo kommt, philosophieren sie in Zitaten von Nietzsche und Freud über die Abgründe der Menschheit. Zum heulen finden das die Köchinnen und zwingen sich mit Zwiebeln zum Weinen.

Mit ihren unverwechselbaren Charakterzügen tragen sie untereinander ihren Zwist aus. Aber sie schlüpfen auch selbst in die Figuren, werden in ihren Schürzen und Küchenhauben zur Julia und zur Amme oder sie kleben einen Bart aus einer Scheibe Schinken ans Kinn, um Romeo zu spielen. Dann wieder tanzen und singen sie zur Hochzeitsfeier mit einem Gospelchor aus Negerküssen. Sie steigern sich immer mehr in ihrem Spieleifer und ihre Einfälle werden von Szene zu Szene absurder. Man hat den Eindruck ihre Imagination, in Gemüse Shakespeares Figuren zu sehen, sei unerschöpflich.

Ängstlich fragt sich Julia als Wiener Würstchen, ob sie nicht vor der Zeit in der Grabkammer, einer leeren Kekspackung, neben all den toten Ahnen, ebenfalls Würstchen, erwachen wird. Doch endlich soll sie ihre letzte Ruhe in der Grabkammer einer Melone finden, in der sich Peperoni Romeo einen Weg zu ihr bahnt. In einem theatralischen Akt stößt eine der beiden Köchinnen ein Messer in die Frucht und zerfleischt sie unter Tränen. Am Ende bleibt nicht mehr viel übrig vom dem Büffet und den Mahlzeiten, die sie hätten vorbereiten sollen. So stehen sie schließlich vor einem Schlachtfeld aus verstreuten Gewürzen und zermatschtem Gemüse.



Alexandra Kaufmann und Eva Kaufmann ist mit ihrem kurzweiligen Objekttheater ein wunderbarer Wechsel zwischen dem Nacherzählen von Shakespeares Drama, dem Spiel mit Gemüse und reinem Schauspiel gelungen. Feinfühlig führen sie die Objekte, als seien es Puppen. Es macht viel Spaß ihnen zuzusehen, wie sie poetische Bilder schaffen und mit Freude die bekannte Tragödie nachspielen und neu entdecken.

Sarah Trilsch, 28.10.2007


zum Inhaltsverzeichnis