leipzigart  KUNSTJOURNAL



16. Internationales Festival für Figuren-, Objekt- und Anderes Theater - globus'07

Rumpelstilzchen
Festival-Premiere des Theaters im Globus am 18.10.07 in der nato



Während die ersten Aufführungen der nagelneuen Inszenierung Jost Brauns am Theater im Globus noch mit einen "Hilfskönig" gespielt werden mußten, da der Figurenbauer noch eifrig beim Schnitzen war, konnte sich das Premierenpublikum an der kompletten Ausstattung erfreuen. Die charaktervollen und originellen Spielfiguren ließ sich Braun wieder einmal vom Erfurter Künstler Udo Schneeweiß bauen, der bereits die sensiblen Figuren für die inzwischen zum Kultstück avancierten Inszenierung "Der Wolf und die sieben jungen Geißlein" schuf - und die Intentionen der beiden gingen auf. Die im Text vorgezeichneten Charaktere ergänzte Schneeweiß mit korrespondierenden Entwürfen und es entstand eine künstlerisch stimmige Gesamtausstattung. Mit Thomas Wrobel, ebenfalls ein "alter" Mitarbeiter des Theaters, entwickelte das Team eine funktionell ausgeklügelte und dem Spielfluß dienende, drehbare Rundbühne, deren Konstruktion allein schon ein Ausstellungsstück ist.
Was für eine Freunde, wenn die virtuose Figurenanimation der versierten und absolut professionellen Leipziger Puppenspielerin Hanne Braun die ungewöhnlichen, großen Ganzfiguren zum Leben erweckt und ihnen mit einem breiten Spektrum an stimmlicher Differenzierung individelle und unverwechselbare Züge verleiht. Da wird sogar mal eine Panne, wie sie eben bei einem ganz neuen Stück und einer noch nicht "eingespielten" Figur passieren kann, zu einer originellen Passage umfunktioniert. Die Stadt Leipzig kann sich glücklich schätzen, eine solche Künstlerin zu haben.
Was für ein Genuß, wenn der Autor und Regisseur besondere Aufmerksamkeit für sprachliche Schönheit, präzise Dramaturgie, diffenzierte Ausformung der Charaktere beweist und eine Erzählweise offenbart, die uns von Anfang bis Ende gefangen nimmt. Wie schon bei seinen anderen Inszenierungen zeigt sich Jost Brauns Talent für brillante Details, die sich nicht verselbständigen, sondern in einen wunderbaren Spannungsbogen fügen.



Das Premierenpublikum, darunter viele Schüler der ersten bis vierten Klasse, verfolgte die Aufführung mit größter Aufmerksamkeit und Sympathie und bildete von Anfang bis Ende ein kooperatives Pendant zu den "Erzählern" auf der Bühne. Zwischenzeitlich stieg es mit ein ins Geschehen, summte ein Schlaflied mit oder beteiligte sich am Aufsagen des wohlbekannten Zauberspruchs "Heute back ich, morgen brau ich ..." Die Zuschauer freuten sich über die etwas andere Art des anderorts oft als häßlich, bucklig und böse dargestellten "Männleins", über dessen Phantasie und Originalität. Mit größter Selbstverständlichkeit akzeptierten alle auch den Theater-im-Globus-Schluß des Märchens: Rumpelstilzchen bleibt schließlich als Gourmet-Koch, begabter Geschichtenerzähler und Gesellschafter im Schloß - märchenhaft. Und alles hat noch ein gutes Ende genommen.

Jutta Pilz, 20.10.2007


Programmdetails: www.theatreart.de


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