18. Internationale Festival für Figuren-, Objekt- und Anderes Theater - globus ‘09
21.10.2009: Die Tochter des Ganovenkönigs (Theater Mücke)
© Foto leipzigart
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22.10.2009: Bodybuilding (Studioinszenierung HfS Ernst Busch Berlin)
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Zitat aus der Leipziger Volkszeitung vom 24./25.10.2009
"Große Puppen, überwältigend gespielt"
Höchste Sicherheitsstufe letzten Mittwoch in der Nato. Die Besucher von Ad de Bonts Kriminalkomödie "Die Tochter des Ganovenkönigs", mit dem das Theater Mücke aus Berlin im Rahmen des 18. Figurentheater-Festivals gastierte, werden von zwei Leibwächterinnen durchgecheckt. Auch das multifunktionale Bühnenelement wird eingehend inspiziert, bevor Christine Müller und Claudia Acker die herrlich schwarzhumorige Geschichte spielend erzählen.
Julchen ist das einzige von zwölf Kindern des regierenden Ganovenkönigs, das noch nicht von den Rabeneltern verkauft wurde. Als sie an ihrem 12. Geburtstag an der Reihe ist, ändert Pappa seine Pläne. Er wünscht sich so sehr ein goldenes Herz als Trophäe, und die Tochter ist die einzige, die noch eins besitzt.
Müller und Acker beleben unter der Regie von Susanne Olbrich mit Meisterschaft das Panoptikum charakterstark und lebensecht wirkender Großpuppen von Lisette Schürer. Die kleinste Geste wird sauber und stimmig ausgeführt, was die Figuren extrem real erscheinen läßt. Die Spielerinnenbeine verleihen den Körpern Gliedmaße und zusätzliche Beweglichkeit. Die geistig verwirrte Oma im Rollstuhl gehört zu den besonders gelungenen Gestalten, aber auch der prollige Russenmafia-König, seine Jetset-Gattin, der korrupte Richter und der im Laufe der Handlung immer lädiertere Kommissar begeistern. Die Julchchen-Puppe überzeugt schon durch ihre Erscheinung. Gesichtsausdruck und kahle Stellen am Kopf deuten unaufdringlich die Tragik der Figur an.
Mit der versierten Führung von Großpuppen überzeugten am Abend darauf auch Studenten der Berliner Hochschule Ernst Busch. Das unter der Regie von Markus Joss in Ensemblearbeit entwickelte Stück "Bodybuilding" spielt in einem Labor. Ein Viererteam baut die Körper von Ügaks - übriggebliebenen Arbeitskräften - in "geneuerte" um. Die im Ansatz interessante Geschichte ist in der Umsetzung überfrachtet und unüberschaubar. Esoterisches Gedankengut gepaart mit biotechnologischen Wahnsinn - Die Entscheidung für eine Richtung hätte mehr Klarheit verschafft. Klischeehaft überzeichnete Typen von der dümmlichen Praktikantin bis zum tuntigen Creative Designer reden zuviel Überflüssiges und verwässern die ohnehin verwirrende Handlung.
Doch das Figurenspiel ist überwältigend. Wenn Stefan Spitzer den halb reanimierten Ügak Tutzing auf einem Gymnastikball turnen läßt oder Hendrika Ruthenberg von ihrer Puppe wegschaut, während diese ein Eigenleben führt, wird die Qualität der Inszenierung sichtbar. Sie beschwört eine beklemmende Atmosphäre herauf und erinnert mit böser Ironie an die Risiken der Manipulation am Lebewesen ...
Janna Kagerer
Informationen zum Festival: 0341-23880189;
www.theatreart.de
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