leipzigart  KUNSTJOURNAL


8. Internationales Theaterfestival PUPPEN SPIEL LEIPZIG 1999

Veranstaltungen für Erwachsene, Familien und Kinder
vom 16. bis zum 26. Oktober 1999
an mehreren Häusern in und um Leipzig

Erfolgreicher Festivalstart am vergangenen Wochenende

Die ersten Vorstellungen des 8. Internationalen Theaterfestivals PUPPEN SPIEL LEIPZIG fanden in der Denkmalschmiede Höfgen statt. Mit großem Erfolg spielten Hans-Jochen Menzel und Pierre Schäfer im Abendprogramm "Die Macht des Schicksals" und für Kinder "Hans im Glück", das Theater im Globus gastierte mit "Hänsel und Gretel" im bis auf den letzten Platz gefüllten Veranstaltungsraum der Denkmalschmiede.

Wohin mit den Kindern in den Herbstferien?

Zum 8. Theaterfestival PUPPEN SPIEL LEIPZIG gibt es spannende und unterhaltsame Theaterstücke für Kinder und Familien! Zum Beispiel vom 19. bis zum 22.10. täglich 10 Uhr im LOFFT, Theaterhaus am Lindenauer Markt 21 - hier wird jeden Tag ein anderes Stück geboten. Aber auch am kommenden Wochenende und noch bis zum 26.10. kann unter den zahlreichen Angeboten ausgewählt werden .
Heißer Tip für das Ferienprogramm: symphatische Inszenierungen für Kinder ab 4 sind "Dornröschen" mit dem Theater im Globus (LOFFT, Lindenauer Markt 21, 19.10.99, 10 Uhr) oder "Onkelchen" mit den Krokodiltheater Tecklenburg, (LOFFT, Lindenauer Markt 21, 21.10.99, 10 Uhr)
Geheimtip für's Wochenende: für Zuschauer ab 6 "Hans im Glück" mit Hans-Jochen Menzel und Pierre Schäfer (LOFFT, Lindenauer Markt 21, 23.10.99, 15.30 Uhr) oder "Die Geschichte vom unvorsichtigen Mäuschen" mit dem Theater pepperMIND (LOFFT, Lindenauer Markt 21, 24.10.99, 14.30 Uhr)

Highlights für Freunde des Figuren-und Objekttheaters im Abendprogramm des Internationalen Festivals PUPPEN SPIEL LEIPZIG!

Erstmals in Leipzig: Theater pepperMIND (Stuttgart) mit "Blaubart" unter der Regie von Guyla Molnar - er ist einer der herausragenden Vertreter des "theatre d'objets" und gehört neben Charlot Lemoine, Jacques Templerault und Christian Carrignon zu den Großen seiner Zunft. (Werk II, Halle A, 22.10.99, 21 Uhr)
Und noch ein Höhepunkt: das einmalige Gastspiel des Gertrude Theatre aus Tel Aviv mit der "Gertruden Show"; die international erfolgreiche und vielfach preisgekrönte Inszenierung istlaut "Le Soir" (Belgien) von einer "optischen Opulenz, in der fast nebensächlich wird, ob man alle Worte versteht &endash; wird man doch gefangen von unbändigem Vergnügen.
(LOFFT; Lindenauer Markt 21, 23.10.99, 20 Uhr)
Schließlich zeigt das Theater pepperMIND mit "Klodette kocht" ein köstliches Stück Bühnenkunst aus dem Niemandsland zwischen Kriminalkomödie und Absurdem Theater (Haus des Buches, 24.10.99, 20 Uhr)

 

Kartenbestellungen/Programminformation: Tel. 0341-9122011 oder via Internet http://members.aol.com/theatreart

Kartenvorverkauf: Festival-Kartenbüro, GLOBUS GALERIE & THEATER IM GLOBUS, Gohlis-Arkaden, Lützowstraße 11 / Ecke Georg-Schumann-Straße, geöffnet jeweils Mi-Fr 16-18 Uhr, 24h-Hotline : 0341-9122011

Festivalbüro: THEATER IM GLOBUS, Lützowstraße 23, D-04157 Leipzig, Tel. & Fax: 0049-341-9122011, e-mail: Theatreart@aol.com, Internet: http://members.aol.com/theatreart

 

Mehr Informationen: http://members.aol.com/theatreart

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8. Internationales Theaterfestival PUPPEN SPIEL LEIPZIG 1999

Klamauk mit Tiefsinn rund ums Glück und richtige Marionetten

Puppenspielwochenende in Kaditzsch

Kaditzsch (-ahn-). Das 8. Internationale Theaterfestival "Puppen Spiel Leipzig" hatte sich die Studiogalerie in Kaditzsch als einen der Spielorte ausgesucht: am vergangenen Wochenende bauten dort Pierre Schäfer und Jochen Menzel aus Berlin sowie Hanne Braun und Wilfried Reach aus Leipzig ihre Puppenbühnen auf.

Glück und Schicksal standen im Mittelpunkt des Märchens, das Pierre Schäfer und Jochen Menzel am Samstagabend für Erwachsene, am Sonntagvormittag für Kinder aufführten: Hans im Glück wird von einem Ganoven nach dem anderen übers Ohr gehauen, bis er schließlich doch, um alles erleichtert, als der glücklichste Mensch zu seiner Gertrud kommt. Die Puppenspieler agierten dabei selbst als schrulliges verblichenes Ehepaar Johanna und Johannes, die nun als Engel dem Publikum erscheinen und das Märchen aufführen, indem sie selbst versuchen, das Schicksal zu beeinflussen. Dabei verabreichen sie sich gegenseitig Spitzen aus dem Ehealltag - etwa wenn Johanna versucht, Hans am Biertrinken in der Kneipe zu hindern. Durchweg liebenswert, voller köstlicher Einfälle, mit tausend Anspielungen, dass nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern sich vor Lachen biegen mussten. Klamauk mit Tiefsinn, denn was ist Glück? "Wenn man eine Flasche Cola und eine große Tafel Schokolade hat und nicht teilen muss und es macht nicht dick...?" Hervorzuheben sind die musikalischen Einfälle der beiden Darsteller, wo bisweilen das Temperament mit den skurrilen Altrockern durchgeht ("Ist dir das nicht ein bißchen peinlich, Johannes?"): Johanna mit der Gitarre, die von Jimi Hendrix auf Wolke nebenan eine "Elektroharfe" ausgeliehen bekommt ("Das ist aber wirklich ein bisschen zu laut, Herr Hendrich!"), und Johannes mit dem "ersten Schlagzeug des Drummers von Led Zeppelin", das zwei alten Koffern verblüffend ähnlich sieht. Kurz: Glück ist einfach, wenn man glücklich ist - die Zuschauer, junge wie ältere, waren es zweifellos, und die Spieler wohl auch.

Am Sonntagnachmittag boten Hanne Braun und Wilfried Reach ("Theater im Globus") vor ausverkauftem Hause eine Inszenierung ganz anderer Art: Das Märchen von "Hänsel und Gretel". Wann bekommt man schon richtige Marionetten zu sehen? Die kleinen und großen Zuschauer wurden nicht enttäuscht: Bei diesem Stück kam es nicht auf Verfremdungseffekte an, sondern auf sorgfältige Inszenierung: Bühnenbild, Proportionen, Dialoge, alles stimmte aufs harmonischste. Ganz graziös bewegten sich die feingliedrigen Puppen. Ganz realistisch waren die Dialoge: Die Kinder pfiffig, verspielt und maulig, wie richtige Kinder, die Hexe gar grauslich, die Mutter eiseskalt, der Vater hilflos. Sparsame Farben hatte das Bild, das Leben war hart, und am Ende gab es auch nicht einen Sack voll Pfefferkuchen, womit alle Not ein Ende hätte, sondern das Hexenhaus verschwand wie ein böser Traum, und die Kinder gingen, vom Vater gefolgt, weiter in die Welt - und wenn sie nicht gestorben sind, so wandern sie wohl heute noch. In verschiedener Besetzung und ebenso sorgfältiger, wirkungsvoller Ausstattung spielen das Theater im Globus und seine Gäste auch andere Märchen, an den Adventssonntagen jeweils vormittags sind die sieben Geißlein, die Bremer Stadtmusikanten, Dornröschen und der kleine Muck in Aktion. Informationen: 0341 - 9122011.

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8. Internationales Theaterfestival PUPPEN SPIEL LEIPZIG 1999

 

Mit Freud und Barbie um den Blaubart

Die Ankündigung des Theater pepperMIND liefert gleich im ersten Satz das wichtigste Adjektiv für sein Ein-Frau-Stück "Blaubart". Bizarr. Was Annette Scheibler unter der Regie von Guyla Molnar vom Frauen meuchelnden Mythos Blaubart erzählt, pantomimt und Klavier klimpert, ist so seltsam und wirrförmig wie das traurige Schicksal der entkleideten Barbie-Puppen, die kopfüber an der Leine hängen - alle tot.

Dabei hatte es in der Halle A des Werk II so artig angefangen. Mit viel Selbstironie und einer liebenswerten Mädchen-Mimik, hinter der man als aufgeklärter Zuschauer jede Menge Kompensation und ungeklärter Ängste vermuten durfte, betrat die Darstellerin Annette Scheibler das Klavierzimmer, absolvierte ein amüsantes Aufwärmprogramm und kam dann ein wenig ins Plaudern. Von den Nonnen, die über den tiefgefrorenen Blaubart wachen, über ihren wenig liebevollen Ehemann bis hin zum längst verstorbenen Klavierlehrer, bei dem das "Gott hab' ihn selig" einzig ein frommer Wunsch bleibt.

Dann aber wird es undurchschaubar und in den besten Momenten nur noch komisch, mit ein bisschen Freud im Hinterkopf bisweilen dramatisch. Eine Marmorbüste spaziert, von blauen Wollfäden bewegt, auf dem Klavier auf und ab, Annette Scheibler fantasiert in der Rolle von Blaubarts letztem Opfer und irgendwo zwischen Schauermärchen und Nonsens-Pantomime wird ohne Vorwarnung über die Geschichte der Weiblichkeit im Allgemeinen reflektiert.

Eine Geschichte für naive, unbedarfte Frauen. So die freundliche Zusammenfassung am Ende, die sogar eine explizite Moral formuliert: Lauf weg, wenn Du es nicht mehr aushalten kannst (als Frau, nicht als Zuschauer!). Was bleibt, ist ein "bizarres" Gefühl, das man nur mit Wohlwollen unaussprechbare Betroffenheit nennen mag. Einzig der sinnentleert-sinnliche Umgang mit verschiedenen Gegenständen wie der gehäkelten Femininen, die mit ihren Brustwaren blinzelt und mit der Vulva lacht, unterhielt nicht nur, sondern beschäftigte. Keine Enttäuschung, aber Verwirrung. Also Ziel erreicht?!

Joachim Seidel

Mehr Informationen: http://members.aol.com/theatreart

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