leipzigart  KUNSTJOURNAL



Sehnsucht
Ein Liebesfilm

Ein Mann und eine Frau leben in einem Dorf mitten in Brandenburg. Sie lieben sich, haben schon in der Kindheit zueinander gefunden. Beide sind Anfang dreißig, noch immer naiv und unschuldig wie Kinder.
Markus ist Schlosser und Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr. Ella arbeitet gelegentlich als Haushaltshilfe und singt im Chor.
Andere beneiden sie um ihre Liebe jenseits von Alltagsroutinen.
Als jedoch Markus mit seinen Kollegen von der Feuerwehr einen befreundeten Verein in einer Kreisstadt besucht, erwacht er, nachdem am Abend viel Alkohol geflossen ist, in der Wohnung einer fremden Frau. Am nächsten Morgen fehlen die Erinnerungen an die Nacht. Markus beginnt für die Zeit seines Aufenthalts ein Verhältnis mit dieser Frau, die, im Gegensatz zu der noch mädchenhaften Ella, viel rauere Züge trägt.
Schließlich beichtet Markus seiner Frau die Liebesaffäre, aufgrund eines Unfalls der Geliebten, in den er verwickelt ist. Ella wendet sich von ihm ab. Er schießt sich mit einer Schrotflinte ins Herz.
Was in erzählter Form wie eine Nachahmung Shakespearescher Dramen klingen mag, entfaltet in den wirklichkeitsnahen Kinobildern von Valeska Griesbach eine märchenhafte Wirkung. "Sehnsucht" ist ein Film, der in seiner Schlichtheit durch Authentizität und Ehrlichkeit überzeugt.
Dokumentarisch hält die Kamera Alltägliches fest. Die Natürlichkeit der nicht-professionellen Schauspieler, die im umgangssprachlichen Ton erzählen, lässt alle Vorurteile gegen Laiendarsteller verschwinden. Plötzlich berührt das Geschwätz unter Nachbarn am Kaffeetisch. Die Art, wie Hauptdarsteller Andreas Müller als Markus versunken zur Musik von Robby Williams tanzt, geht tief unter die Haut und öffnet den Blick für eine Welt jenseits der Großstadt. Das Dorf scheint zeitlos, was sich auch in der Kameraführung widerspiegelt, die ruhig durch das Geschehen führt und einen festen Rahmen setzt.
Besonders herausragend ist die Schlussszene. Kinder erzählen sich auf dem Spielplatz die unglückliche Geschichte des Liebespaares. Es stellt sich heraus, dass Markus den Selbstmordversuch überlebt hat. Offen bleibt mit welcher Frau er nun zusammenlebt, eine Frage, die sich selbst beantwortet ...
Worte erschöpfen sich in Beschreibungen, ohne das Gefühl wiederzugeben können, das von dem Film ausgeht - eine Stimmung weit entfernt von romantischem Kitsch. "Sehnsucht" zeigt ein Melodram in mitten eingespielter Alltäglichkeit.
Ein wunderbarer Film, der sich still von bisher Gesehenem abhebt. Unbedingt empfehlenswert!

Sarah Trilsch, 5.10.2006

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