leipzigart  KUNSTJOURNAL


 

Die 8. IAKH in Frankfurt am Main:

Unerschöpfliche Kreativität. Künstlerbücher auf der Art Frankfurt.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.04.1999

FRANKFURT. In digitalen Zeiten blüht die Freude am Handwerk - zumindest bei den Herstellern von Künstlerbüchern und Pressendrucken. Und erfreulicherweise, wie man hört, auch beim Sammler. Wie sonst ließen sich die ungewöhnlich zahlreichen Exponate erklären, denen auch die jetzige Messe im Untergeschoß der Halle wieder einen eigenen Bereich eingeräumt hat. Zum ersten Mal präsentiert sich hier die Internationale Ausstellung für Künstlerbücher und Handpressendrucke (IAKH), eine seit 1992 höchst erfolgreich auf der Leipziger Buchmesse auftretende Fachschau der Verlage, Künstler, Galerien. Mit ausgesuchten Beispielen, auch mit Gesprächen und Vorträgen informieren sie zum aktuellen Stand ihrer neu belebenden Arbeit.

Ausgaben von etwa sechzig Verlagen aus 0st und West, von Polen bis Amerika hat Jost Braun - ein Graphiker von Geblüt, dazu Verleger vom "Lebensretter" und "Globus"-Galerist in Berlin und Leipzig - als Spiritus rector der IAKH versammelt. Daß vor allem die Bücher, Einblattdrucke und auch Bilder aus den neuen Bundesländern mit so hoher Qualität von Idee und Ausführung brillieren, gründet neben dem Herkommen vieler Maler und Zeichner auf der Leipziger Tradition, auch auf der ehemaligen Funktion der Kunst als subversivem Instrument: In der DDR unterlagen Kleinstausgaben bis zu hundert Exemplaren nicht der Druck-Erlaubnis. Schrift und Bild waren künstlerische Waffen geworden.

Programmatisch weisen auf die Schrift als textfreien Bedeutungsträger die Buchstabenbilder von Antje Moeschk Olowaili hin. Inspiriert sind sie von den ornamentaIen Ausdrucksmitteln der Kuna, eines schriftlosen Indianerstammes Südamerikas, bei dem die in Leipzig ausgebildete Graphikerin lange gelebt hat. Buchstabenformen verwebt sie nun zu mythischen Geschichten, etwa vom toten Fluß, der "das Wasser wiegt, das in seinem Bett begraben liegt". Ganz ohne Lettern geht es zu bei den "Graphischen Abschweifungen" von Claus Weidensdorfer und Werner Wittig. Ihr aus "30 Filmabkratzrißkunststoffsette" gefertigtes Leporello "Suse im Stroh - anderswo" besteht aus munteren Zeichnungen, die auf der Folie gekratzt und geritzt und danach gedruckt wurden.

Neben dem großen Stand von IAKH zeigt die Edition Balance aus Gotha ihre Neuerscheinungen, darunter als aufwendigste Ausgabe dreizehn Holzdrucke und fünfzehn figürliche Stanzungen von Carsten Nicolai zu Texten von Yoko Tawada, begleitet von einer CD mit Musik von Carsten Nicolai - sozusagen ein Gesamtkunstwerk. Auch zu den einen halben Meter hohen Malerbüchern von Thomas Offhaus gehört je eine Musik-CD mit Kompositionen des Künstlers.

Reine Handarbeit, vom gemalten Inhalt bis zur Bindung, sind die Künstlerbücher bei Imprints aus Frankreich. Schönste Präge- und Blinddrucke von François Lafranca legt Druck + Buch aus Tübingen vor, ein breites Programm aus Objekten, Zeichnungen und Fotografien des Kölner Salon Verlags. Darunter sind Unikate von Christian Boltanski und Georg Herold. Um die Ecke des großräumigen Ambientes für die Künstlerbücher kann man sich bei der Zürcher Edition Howeg mit Andre Thomkins Kassette "ln Goethes Namen" sein Dichterbild basteln.

CHRISTA VON HELMOLT

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